Revolution in der Medizin
„Die Zukunft der Medizin liegt in der angewandten Mitochondrienforschung und –therapie“, schreibt Dr. med. Bodo Kuklinski als Schlusswort in seinem aktuellen Buch (1). Als „Revolution in der Medizin“ bezeichnet Dr. med. Joachim Mutter das Zellsymbiose-Konzept von Dr. med. Heinrich Kremer, in dem die Mitochondrienregeneration im Mittelpunkt steht und widmet dem Thema das Schlusskapitel in seinem neuen Buch (2). Ich würde es das Ganze deutlich abmildern und sagen, man habe einen wichtigen Mechanismus im Stoffwechsel gefunden, der chonische Krankheiten auf materieller Ebene antreiben und somit irgendwann zum Selbstläufer werden kann. Die Revolution findet eher durch die Integration des Geistes in die Medizin statt. Mitochondriopathie ist ein neuer Baustein im alten Paradigma der materiellen Medizin.
Die mitochondriale Medizin beschreibt die Ursache von vielen chronischen Krankheiten und Krebs als Störung der Mitochondrien. Ich orientiere mich dabei hauptsächlich am Zellsymbiose-Therapie-Konzept von Dr. med. Heinrich Kremer ( “Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin”), als auch an den Untersuchungen von Dr. med. Bodo Kuklinski über mitochondriale Zytopathien (1) und an den Studien von Martin L. Pall über NO-Gas (3).
Mitochondrien
Ein Mitochondrium (auch Mitochondrion/Mitochondrie, Plural Mitochondrien, aus griech. mitos für ‚Faden’ und chondros für ‚Korn’) ist ein Zellorganell, das wichtige Aufgaben im Zellstoffwechsel übernimmt. Jede kernhaltige Zelle beherbergt einige hundert bis mehrere Tausend dieser Mitochondrien. Im Mitochondrium finden bedeutende Stoffwechselwege, wie die Energieproduktion, die Häm-Biosynthese, die β-Oxidation von Fettsäuren, die Synthese einiger Aminosäuren und von Eisen-Schwefel-Zentren statt. Auch beim programmierten Zelltod (Apoptose) spielen Mitochondrien eine zentrale Rolle. Zellen, wie Nervenzellen oder Muskelzellen, die sehr viel Energie benötigen, sind besonders reich an Mitochondrien. Der herkömmliche Vergleich mit reinen „Kraftwerken“ der Zelle sollte umfassend erweitert werden.
Herkunft
Das Mitochondrium gilt als ursprünglich eingewandertes Bakterium, aus dem sich im Laufe der Evolutionsgeschichte ein Zellorganell entwickelt hat. Vor circa zwei Milliarden Jahren hat diese wegbereitende Fusion stattgefunden. Zwei Einzeller (Archae- und Proteobakterium) bildeten eine Symbiose, aus der sich später die mehrzelligen Organismen, zu denen auch der Mensch zählt, entwickelt haben. Das eingewanderte Bakterium entwickelte sich zum Mitochondrium (4).
Die Genome und deren Funktionen können immer noch unterschieden werden. So stammen ca. 60 % unseres Erbgutes von den ursprünglicheren Wirtszellen, den Archaebakterien (A-Genom) und 40 % von den eingewanderten Proteobakterien (B-Genom), den jetzigen Mitochondrien ab. Das A-Genom steuert die Zellteilung, das B-Genom die differenzierte Zellleistung und die frühe Zellteilungsphase (bis zur S-Phase). Ein kleiner Teil der mitochondrialen Gene verblieb bis heute ohne Schutz eines Kerns in den Mitochondrien (5). Auf dieser „Zwitternatur“ des menschlichen Genoms beruht der therapeutische Ansatz von Heinrich Kremers Zellsymbiosetherapie (6).
Zwei Stoffwechselwege
Diese Symbiose ermöglichte der Zelle sowohl in Anwesenheit von Sauerstoff (aerob) Energie in den Mitochondrien, als auch in Abwesenheit von Sauerstoff (anaerob) Energie enzymatisch im Zytoplasma zu erzeugen. Die Fusion verbesserte die Energiebilanz beider Symbionten, die Zelle konnte sich vergrößern und spezialisieren. Die lokale Trennung der genetischen Information (Kern) von der Produktionsstätte (Ribosomen) verbesserte ihre Enzym- und Proteinsyntheseleistung (7).
Im Normalfall produziert die Zelle 90 % ihrer Energie (Adenosintriphosphat =ATP) in den Mitochondrien durch Sauerstoffverbrennung (Oxidation) und nur 10 % über Glykolyse, dem ehemaligen Stoffwechselweg der Wirtszelle (8). Die Energiegewinnung in den Mitochondrien erfolgt über ein komplexes System in dem Elektronen aus der Nahrung in den Atmungsketten auf Sauerstoff (O2) übertragen werden. Diese Sauerstoffverbrennung arbeitet viel effizienter als die Glykolyse der Wirtszelle im Zytoplasma. So kann in den Mitochondrien zum Beispiel Zucker (Glucose), einer der wichtigsten biologischen Energieträger, vollständig zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) abgebaut werden. Dabei entsteht bis zu 19-mal mehr ATP als bei der enzymatischen Glucosespaltung außerhalb des Mitochondriums (9).
In jeder kernhaltigen Körperzelle gibt es durchschnittlich 1500 dieser Mitochondrien, in Nervenzellen sogar bis zu 6000. Die Mitochondrienleistung ist sehr wichtig für die Funktion der Zelle. Die (Spät-) Symptome der Mitochondriopathie (mitochondriale Dysfunktion) gehen unter anderem wegen des Energiemangels immer mit Leistungsminderung und im Extremfall auch mit Gewichtsabnahme (Kachexie bei Tumorpatienten, Wasting-syndrom bei AIDS) einher (10).
Die Entstehung von freien Radikalen
Die Verwendung von O2 ist allerdings nicht nur vorteilhaft. Bei fast allen chemischen Prozessen, bei denen O2 beteiligt ist, kommt es zur unerwünschten Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (reactive oxygen species – ROS). ROS sind extrem reaktionsfreudige Molekülverbindungen, die man auch als freie Radikale bezeichnet. Freie Radikale sind Atome oder Moleküle, die ein oder mehrere ungepaarte (freie) Elektronen besitzen und sich dieses Elektron von anderen Atomen oder Molekülen “rauben”. Sie müssen durch Radikalenfänger (Antioxidantien) entschärft werden, da sie andernfalls wichtige Strukturen in den Mitochondrien oder der Zelle beschädigen oder sogar zerstören könnten, was zum Absterben (Apoptose/Nekrose) oder zu Funktionseinschränkungen der Zelle führen könnte. Insbesondere die Schädigung der ungeschützten mitochondrieneigenen DNA kann für die Zelle fatale Auswirkungen haben. Veränderungen der differenzierten Zellleistung bis hin zur Gewebedegeneration sind möglich (11).
Bei der Elektronenübertragung in den Atmungsketten (oxidative Phosphorylierung) können als Nebenprodukte ROS entstehen, die entschärft werden müssen (12). Bei der enzymatischen Glykolyse im Zytoplasma entstehen diese Sauerstoffradikale nicht. Während der sensiblen Phase der Zellteilung verzichtet die Zelle auf mitochondriales ATP, vermutlich um das Erbgut vor ROS zu schützen (13). In dieser Phase ist das ursprüngliche Archea-Genom aktiv. Nach erfolgter Teilung schaltet die Zelle zurück auf den Arbeitsmodus, der wiederum vom B-Genom diktiert wird und die mitochondriale ATP-Produktion wieder aktiviert. (13).
Andere Quellen für freie Radikale
Die Entstehung von freien Radikalen bedroht unsere Zellen! Freie Radikale entstehen nicht nur als Sauerstoffradikale bei der Zellatmung in den Mitochondrien, sondern z. B. auch bei zellulären Regulationsprozessen mit Stickstoffmonoxid (NO) und seinen Verbindungen (reaktive nitrogen species – RNS). Diese Stickstoffradikale können nach einer Reaktion mit Sauerstoffradikalen noch reaktionsfreudiger als Sauerstoffradikale sein. Ebenso gefährdet sind unsere Symbionten durch freie Radikale aus Chemikalien, Schwermetallen, Nahrung, pharmazeutischen Substanzen und Umweltgiften. Wenn die Zelle selbst Prozesse betreiben will, die die Entstehung von Radikalen fördert, muss sie immer über eine ausreichende Menge an antioxidativen Molekülen verfügen, die diesen Zellstress entschärfen kann. Ist das nicht gewährleistet verzichtet sie auf diese Prozesse und begnügt sich mit „sichereren“ Programmen, die keine Radikale produzieren, aber ihr Überleben zunächst gewährleisten. Eine Produktion von prooxidativem Stress (ROS und RNS) muss also gegenreguliert werden, um den Organismus vor Kollateralschäden zu schützen (14). Eine Überproduktion an ROS in der Zelle (entweder natürlich oder induziert) löst den programmierten Zelltod (Apoptose) aus.
Wichtige Antioxidantien
Eine zentrale Bedeutung für die Zelle aus der Molekülgruppe der Antioxidantien hat (reduziertes) Glutathion (GSH). Glutathion ist zusammengesetzt aus drei Aminosäuren. Es ist wohl das wichtigste Reduktionsmittel und wasserlösliches Antioxidans im menschlichen Organismus. Es gibt Elektronen an freie Radikale ab und entschärft diese so. Anschließend muss die oxidierte Form (GSSG) recycelt (reduziert) werden, um weiterhin zur Verfügung zu stehen. Andere (endogene) Abwehrmechanismen laufen über (mitochondriale) Enzyme, wie Cyotchrom C, Superoxid-Dismutase (SOD), Peroxidase oder nichtenzymatische Systeme (Ferritin, Albumin) ab. Auch (exogen) über die Nahrung werden antioxidative Moleküle zur Verfügung gestellt (Vitamin A, C, E, Polyphenole, Flavonoide, etc.). Die Fähigkeit eines Organismus mit Zellstress durch Radikale umzugehen (=Reduktionskraft) entscheidet über seine Vitalität und seinen Ordnungszustand (15).
Therapie
Die mitochondriale Medizin ist eine biologische Ausgleichs- und Regenerationsmedizin. Ziel ist es, die Mitochondrienstruktur und -funktion zu optimieren, damit die Zellen wieder Energie produzieren können und die Stoffwechselprozesse wieder funktionieren. Die Redoxsysteme werden ausgeglichen, damit der Organismus wieder Zellatmung betreiben und NO-Gas in physiologischen Konzentrationen produzieren kann. Zahlreiche Faktoren können dazu führen, dass der mitochondriale Metabolismus nicht funktioniert. Bestimmte Molekülgruppen in den Mitochondrien scheinen unseren modernen Umweltbelastungen nicht gewachsen zu sein.
Mit umfassenden Mikronährstoffprotokollen versucht die mitochondriale Medizin den Stoffwechsel der Zellsymbionten wieder herzustellen. Der Zustand der Mitochondrien lässt sich über einfache Laboruntersuchungen dokumentieren. In der Praxis wird eine Kombination aus (Schwermetall-) Entgiftung, Ernährungsoptimierung, Darmsanierung und biologischen Heilmitteln angewendet. Infusionen mit Mikronährstoffen für die Mitochondrien haben sich als sehr effektiv erwiesen. Auch Störfaktoren wie Elektrosmog oder chronische Zahnherde, Baubiologie und psychische Aspekte werden berücksichtigt und behandelt. Viele “unheilbare” Krankheiten lassen sich mit dem Wissen der mitochondriale Medizin deutlich positiv beeinflussen (22).
Ernährung als Basis
Deswegen ist die Basis der mitochondrialen Regeneration, eigentlich der gesamten Naturheilkunde, eine vitalstoffreiche und biologische Ernährung. Fabriknahrung und Fastfood schädigt unsere Zellsymbiosen. Ohne Antioxidantien ist Leben nicht möglich. Viele Krankheiten sind demnach ein evolutionsbiologischer Kompromiss, der auf Nährstoffmangel beruht.
Entgiftung als zweiter Schritt
Traditionell besteht die Naturheilkunde aus Ernährung, Entgiftung und Ordnungstherapie. Wenn der Körper seine ca. 90 Mikronährstoffe regelmäßig erhält, kann man die Entgiftungsleistung unterstützen.
Informationsmedizin
Wenn die materielle Ebene gut ver- und entsorgt wird (Ernährung/Entgiftung), haben wir gute Grundlagen geschaffen, die Gesundheit und Regeneration ermöglichen. Viele Erkranungen sind allerdings mit mentalen/emotionalen Traumata verknüpft, so dass noch so viele Nahrungsergänzungsmittel und Ausleitungen wirkungslos verpuffen. Dann gilt es das Nervensystem zu entwirren und schädigende Informationen zu löschen und mit heilenden zu ersetzen (Prozessarbeit und Inforamtion). Ansonsten bedienen wir weiterhin das alte Paradigma, welches den Geist aus der Medizin ausschließt und Heilung nur von materiellen Faktoren abhängig macht. Wer einmal die Macht der Selbstheilungskräfte nach Lösung eines tiefen seelischen Konflikts erlebt hat, weiß wovon ich spreche.
Weiterlesen:
Krankheiten, die sich aus einer Mitochondrienstörung entwickeln können (Mitochondriopathien)
Zellsymbiosetherapie nach Dr. Heinrich Kremer
Weiterführende Informationen:
Kurzfassung “Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin”
Mitochondriale Medizin
The Science of Mitochondrial Medicine
Quellen:
1. Kuklinski, Bodo: Das HWS-Trauma (2006) S. 245
2. Mutter, J: Gesund statt chronisch krank (2009).
3. Pall, M. L.: Explaining “unexplained illnesses” (2007)
4. Kremer, Heinrich: Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin (2006), 5. Aufl., S. 135 ff.
5. ebda. S. 135 ff.
6. Das Konzept der Cellsymbiosetherapie in OM & Ernährung 2007/119
7. Kremer, Heinrich: Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin (2006), 5. Aufl., S. 143
8. ebda. S. 137, ebda, S. 216
9. Koecke, Hans-Ulrich, Emschermann, Peter, Härle, Eckhart: Biologie: Lehrbuch der allgemeinen Biologie für Mediziner und Naturwissenschaftler 4. Aufl. (2000), S.59
10. Kremer, Heinrich: Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin (2006), 5. Aufl., S. 307
11. Heine, Hartmut: Lehrbuch der biologischen Medizin: Grundregulation und extrazelluläre Matrix, 3. Aufl. (2007), S.54
12. Siegenthaler, Walter: Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. (2006), S. 1087;
13. Kremer, Heinrich: “Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin”, 5. Aufl. (2006), S. S.145 ff
14. ebda., S.45
15. Ohlenschläger, Gerhard: Was ist Glutathion. Raum & Zeit 116, S. 57-61 (2002)
16. Brennicke, A.: Trichomonas vaginalis: Einzeller mit mehr Genen als der Mensch, Biol. Unserer Zeit 2/2007 (37), S. 78
17. Baltimore, D.: Our genome unveiled. Nature 409 (2001), S.814-816
18. Vergleiche: Das Konzept der Cellsymbiosistherapie OM & Ernährung 2007/Nr. 119
19. Schauder, Peter: Ernährungsmedizin: Prävention und Therapie 3. Aufl. (2006), S.64
20. Kremer, Heinrich: Die Atmungskette der Mitochondrien – die Steuerung menschlicher Zellleistung
21. Kremer, Heinrich: Das Krebsgeheimnis: Kurzschluss im Photonenschalter
22. Townsend letter- The examiner of alternative medicin Aug/Sept 2007